Schwimm (nicht) mit Delfinen!

img_20160908_173229

“Es gibt immer mehrere Seiten. Die Kehrseite und auch die goldene Seite einer Medaille bringen gar nichts. Denn die Welt ist nicht nur schwarz und weiß.”

[showhide more_text=”CONTINUE READING” less_text=”HIDE”]

Unsere vermutlich beste Erfahrung der Zeit in Malta war das hier. Ich hatte bei unseren Planungen vorher gefunden, dass man auf Malta mit Delfinen schwimmen kann. Weil wir etwas Unglaubliches machen wollten, haben wir uns dann einfach dafür angemeldet. Wahrscheinlich werden bei solchen Fotos die fanatischsten Tierschützer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Wie kann man nur? Solche Delfinarien gehören verboten! Man macht das nicht, die armen Tiere. Landet so ein Foto dann auf Facebook oder auf anderen sozialen Medien, ist man schnell die größte Tierquälerin, die es gibt, ich hatte diesen Shitstorm leider auch. Ich muss mich zwar für nichts und niemanden in meinem Leben rechtfertigen, jedoch ist trotzdem das Bedürfnis entstanden, meine Meinung loszuwerden.

Keine Tiere in Gefangenschaft?

Ich bin sicherlich kein Tierfeind, ich mag Tiere sehr gerne. Ich mag die Katze meines Vaters, ich mag die Pferde in meinem Reitstall. Ich liebe Pinguine wie verrückt und freue mich immer, wenn es Aquarien oder Tierparks gibt, wo man sie betrachten kann. Ich gehe auch gelegentlich in Zoos und als ich klein war, sind wir mit meinem Vater immer angeln gefahren, haben in seinem Garten Schlangen gesammelt, Igel durch den Winter gefüttert, alle Katzen des Dorfes versorgt und Erdkröten durch die Gegend getragen. Ich war ein Naturkind. Früher, als es noch keine Smartphones und Laptops gab. Mein Bruder und ich haben draußen gespielt. Mit allem, was wir finden konnten. Und auf dem Dorf lernt man, mit Tieren respektvoll umzugehen. Früher wurden sogar erst die Tiere gefüttert, dann die Menschen, hat mein Vater immer erzählt. Auf dem Dorf war es normal, dass Menschen und Tiere unter einem Dach lebten. Sie brauchten sich gegenseitig. Ich habe zwar (glücklicherweise) nie gelernt, wie man ein Schwein schlachtet oder den geangelten Fisch möglichst ohne viele Qualen umbringt, aber ich habe gelernt, dass Tiere besser sind als Menschen. Denn Tiere verurteilen nicht, weil man in Zoos geht, um ihre gelangweilten Artgenossen anzugucken.

Ich gehe nicht gerne in Zoos. Es gab bisher auch nicht viele Zoos, die ich mag. Meistens werden die Tiere in Käfige gesperrt, bekommen ihr Futter vor die Nase gestellt und langweilen sich zu Tode. Sicherlich haben die Tierschützer Recht, dass Tiere in die freie Wildbahn gehören, wo sie auch herkommen, aber manchmal finde ich den Grundgedanken nicht falsch, einer Person, die sich eine Reise in die normale evolutionsbedingte Umgebung der Tiere nicht leisten kann, genau diese Lebewesen näher zu bringen. Vor allem für Kinder ist das bestimmt eine gute Sache. Wenn nur nicht so viele Zoos ihre Macht missbrauchen würden… Ich finde es immer erschreckend, wenn der Souvenir-Shop im Verhältnis genauso groß ist wie der gesamte Zoo. Lieber Parks, die aussterbende Tierarten beschützen. Kommerziell, wie die Menschen sind, funktioniert das aber meistens nicht, da man bei einem artgerechten Gehege das Tier dann nicht unbedingt vors Gesicht bekommt und dann verkaufen sich die Karten schlecht.

Es gibt leider so viele Verbrecher und dunkle Maschinerien auf dieser Welt, Wilderer, die Elefanten für Elfenbein töten, Ungeheuer, die Haie im Beifangnetz verenden lassen, weil der Kilopreis für den Fischfang stimmen muss und keiner an Bord Zeit hat, einem armen Hai zu helfen, Idioten, die Tiger für ihr Fell ausrotten, Schwarzmarkthändler, die sich eine goldene Nase mit Pelzjacken verdienen, da es teilweise billiger ist, eine Jacke aus echtem Pelz in China herstellen zu lassen als eine Jacke aus Fake Fur in den USA. Mit den Delfinen ist das leider nicht anders. Ich will gar nicht wissen, wie viele Wale und Delfine jedes Jahr grausam abgeschlachtet werden, völlig unnötig, da das Fleisch in Asien nicht mehr viel wert ist und meistens vergammeln muss und weil man mittlerweile auch Alternativen zur Kosmetikherstellung gefunden hat. Das Töten geht trotzdem weiter. Wenn die Delfine nicht dadurch sterben, dann spätestens irgendwann wie der Hai in einem Beifangnetz, weil die Motorengeräusche der Schiffe ihre Echolotungssysteme durcheinander bringen. In der freien Wildbahn wird der Delfin dann vielleicht nur zehn Jahre alt, in Gefangenschaft schon zwanzig.

Malta und die Delfine

20160908_123437

Wir haben uns vorher natürlich Gedanken gemacht, bevor wir uns dort angemeldet haben, auch wenn viele meiner Kritiker mir das nicht glauben. Wo kommen die Tiere her und wie werden sie behandelt? Der Park ist recht klein, er besitzt 6 Delfine, ein paar Seelöwen, Papageien, Schildkröten und Reptilien. Wir haben eine Sicherheitseinweisung und Rettungswesten bekommen, Schmuck musste gänzlich abgelegt werden. Die beiden Delfintrainer waren immer dabei und haben uns zu zwei Delfinen ins Becken gelassen. Wir durften mit ihnen schwimmen, sie streicheln, haben viele interessante Dinge über sie erfahren und durften mit ihnen Fotos machen. Ich muss sagen, ich fand es toll. Ich war vorher unglaublich aufgeregt und danach unglaublich froh, das Geld dafür investiert zu haben. Delfine sind sehr intelligente, verspielte und neugierige Tiere, die Trainer haben viel mit Zeichen gearbeitet und ich war jedes Mal erstaunt, wie schnell die Tiere das begreifen. Ihre Haut ist unglaublich weich und ein bisschen vernarbt, was daran liegt, dass Delfine sich zur Kommunikation gegenseitig beißen. Ein Delfin ohne Narben ist recht einsam. Das Schwimmen mit den Tieren ging ungefähr eine halbe Stunde lang, danach durften wir uns noch die Delfinshow ansehen und auch den restlichen Tag im Park verbringen und alle anderen Shows angucken. Es war auf jeden Fall eine unglaublich schöne Erfahrung und ich wurde wieder an mein Leben als Kind auf dem Dorf erinnert, wo Tiere besser sind als Menschen. Sie sind pur, selbstlos und heilen Wunden.

Wir waren danach so glücklich und begeistert, dass wir das Bild auf Facebook gepostet haben. Es hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass ich damit nicht bei jedem Freudentränen hervorrufe. Dass es aber so ein verbales Blutbad geben wird, an dem ich selbst nicht ganz unbeteiligt gewesen bin, damit habe ich nie gerechnet.

TIERQUÄLEREI.

Ein furchtbares Wort. Meine Mutter ist Bibliothekarin. Bücher quält man nicht. Mein Vater kommt vom Dorf. Tiere quält man nicht. Mit diesen zwei Grundgedanken bin ich aufgewachsen. Natürlich habe ich schon weiß Gott wie viele Mücken erschlagen, Spinnen getötet und Wespen ertränkt. Ich bin auch keine Vegetarierin, zumindest keine richtige. Ich gehe in den Supermarkt und kaufe als Studentin die billigste Milch und irgendeine Wurst aus dem Regal, die gut schmeckt. Manchmal auch ohne viele Hintergrundgedanken, weil es schnell gehen muss. Ich lande gelegentlich auch beim McDonald’s, weil ich die Finger nicht von diesen Erdbeer-Milchshakes lassen kann. Bio-Läden sehe ich nicht häufig von innen. Ich habe nichts gegen Leute, die das tun. Veganes Essen schmeckt nicht schlecht und natürlich bekommt man das große Gruseln, wenn man Bilder oder Videos davon sieht, wie Großrinderbetriebe funktionieren, wie klein die Käfige für Hühner sind, wie viele Mäuse in Versuchslaboren einfach gefoltert werden, bis sie krepieren oder wie Torreros die armen Stiere zu Tode quälen. Egal wo, Tiere werden auf dieser Welt überall gequält, bis sie tot sind. Und selbst dann kann man mit ihnen noch Geld machen. Dann wird das Fleisch in Plaste verpackt, landet bei Penny oder Lidl und ob auch das drin ist, was drauf steht, ist seit der Pferdefleisch-in-der-Lasagne-Aktion auch fraglich. Trotzdem tun wir das alles. Es ist egal, ob wir billiges Fleisch im Supermarkt kaufen, Taschen aus Krokodilsleder erwerben oder eben mit Delfinen schwimmen gehen. Ich wurde indirekt beschuldigt, dass ich über mein Handeln nicht nachdenke. Dass ich niemals die Konsequenzen im Blick habe. Man ist eine Tierquälerin, wenn man mit Delfinen schwimmt? Laut PETA unterstützt man dadurch die Abschlachterei der Tiere, irgendwo vor der japanischen Küste. Alle Meeresparks sollen sich angeblich daran beteiligen und somit finanzieren ein paar lebende Delfine den Untergang ihrer Artgenossen.

Eigentlich müsste ich das Wort TIERQUÄLEREI oben durchstreichen und durch BLOßSTELLUNG ersetzen. Und in Farbe schreiben. Denn die Welt ist nicht nur schwarz und weiß. Sicherlich werden Delfine von Verbrechern getötet, aber es gibt auch kleine japanische Fischer, irgendwo auf einer Insel mit 100 Bewohnern, die davon leben, Delfine zu töten und zu essen, wenn nichts anderes ins Netz geht. Und das wurde seit 2000 Jahren so weiter gegeben. Wir in Europa ernähren uns schließlich auch von Rind- oder Schweinefleisch. Und das ist der normale Lauf der Dinge, Menschen sind Teil des Ökosystems und jeder will letztendlich nur überleben. Ich würde nur die Mentalität und das Gefühl für Sitte, Moral und Anstand als verfallen bezeichnen, vor 20 000 Jahren wurden Mammuts gejagt und gegessen, heute werden Schweine zugrunde gerichtet und minderwertiges Fleisch in Plaste verpackt. Solange die Welt nicht begreift, dass man Geld nicht essen kann, wird man die Mentalität wahrscheinlich auch nicht ändern können. Es geht um Geld. Es geht um viel Geld. Wer es hat, kann es sich vielleicht leisten, Fleisch, Milch oder Eier tierfreundlich zu produzieren oder zu kaufen, wer es nicht hat, muss zusehen, wie er über die Runden kommt. Und dann muss Milch aus dem Lidl eben reichen. Mein Bruder arbeitet in der Landwirtschaft. Ich habe riesigen Respekt vor diesem Beruf, obwohl er immer so geringschätzig betrachtet wird. Und es ist eine Schande, dass all die Landwirte für ihre körperliche und geistige Arbeit nicht mehr als Mindestlohn bekommen. Ohne Landwirtschaft hätten wir alle nichts zu essen, aber die Versicherungsgesellschaften verdienen sich dumm und dämlich. Irgendwas kann da nicht stimmen. Da man das als 0-8-15-Mensch aber wahrscheinlich nicht ändern kann und die Grundsätze aus der Kindheit in dieser Gesellschaft leider nicht mehr funktionieren, baut sich jeder eben sein eigenes kleines Paris, um nicht wahnsinnig zu werden. Zumindest bezeichnet das meine Mutter immer so. Und mein kleines Paris bestand eben daraus, dass ich Delfine kennen lernen wollte, wohl wissend, dass genug dunkle Machenschaften am Werk sind, über die man nur den Kopf schütteln kann. Aber selbst wenn man alle Delfinarien dieser Welt verbietet, würde das grausame Schlachten der Tiere vermutlich nicht aufhören.

Die Tierschutz-Aktivisten in allen Ehren, aber ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe einen Park besucht, in dem Delfine gehalten werden. Ich habe die Tiere angefasst und bin mit ihnen geschwommen. Na und? Den Tieren ist dabei kein Schaden entstanden und ich habe auch nie persönlich einen Delfin getötet oder gequält. Wenn man Delfine in Gefangenschaft hält, muss man die beschäftigen, sonst werden die Tiere aggressiv. Und ich denke, ein Delfin ist klug genug, um zu wissen, was ein Mensch ist, wenn er eines der wenigen Tiere sein soll, die sich selbst wahrnehmen können. Das Ganze zu verurteilen ist Ideologie, hat ein kluger Mensch gesagt. Dieser kluge Mensch ist mein Vater, der die Fähigkeit hat, eine Situation in Sekunden zu erfassen und in richtige Worte zu fassen. Missionieren hat noch nie geklappt. Wenn die Menschheit nicht mehr mit Delfinen schwimmen darf, dann darf sie auch nicht mehr mit dem Flugzeug fliegen, Auto fahren, Schiff fahren, Häuser bauen, Klamotten vom Primark kaufen, Plastetüten im Supermarkt mitnehmen und normale Glühbirnen im Badezimmer haben. Aber die Menschen tun das und spätestens hier wird auch der Vorsitzende von Greenpeace keine Abstriche machen wollen, der möglicherweise im Bio-Markt seine Karotten holt und entschiedener Gegner von Pelzmänteln und Ledertaschen ist, aber zulässt, dass die Regenwälder für nichts anderes als Sojaplantagen für unsere lieben Veganer abgeholzt werden. Ich halte übrigens nicht viel von Greenpeace und PETA, durch das viele Geld, das solche Organisationen scheffeln, geht es um nichts anderes als um Macht. Wer hat mehr davon und wem kann man sie wegnehmen? Und da kann ich die Argumente, dass das nur Rufmordkampagnen sein sollen, nicht glauben.

Jedem das Seine…

Ich habe nichts dagegen, wenn jemand vegan lebt, nicht zu Primark geht, keine Créme fraîche aus dem Penny holt und niemals einen Zoo besucht. Jeder so, wie er will. Aber ich will mir nicht anhören müssen, dass ich Tiere quäle, nur weil ich so lebe, wie es nicht den Vorstellungen von anderen entspricht. Ich baue mir halt mein kleines Paris, so gut es geht und da kommen Pinguine, Pferde und auch Delfine drin vor. Ich würde mich nicht als sonderlich fundamentalistisch bezeichnen, man kann mit mir über alles reden. Außerdem denke ich, dass man mit zu vorgefertigten Meinungen, die sich nicht ändern oder diskutieren lassen, auf Dauer unglücklich wird. Die Menschen werden sich vermutlich immer die Köpfe einschlagen, weil ihnen der Lebensstil, der Glaube, die Ansichten oder die Wahl des Make-Ups nicht passen, man darf das vermutlich nur nicht zu persönlich nehmen. Der Vorwurf, eine Tierquälerin zu sein, ist aber etwas Persönliches und schadet am Ende nur allen Beteiligten, wenn man nicht zwischen konstruktiver Kritik an der Sache, was ich ja noch ansatzweise verstanden hätte, und plakativen Anschuldigungen unterscheiden kann.

Ich werde andere Länder besuchen und wieder Dinge tun, die einigen nicht passen, dafür tun diese Personen dann Dinge, die ich nicht gut finde. Es ist völlig absurd, darüber diskutieren zu wollen, alle Menschen sind verschieden und niemand hat die gleichen Interessen. Aber es ist die Mühe nicht wert, wenn man sich nicht einmal in der Mitte treffen kann. Man sollte niemals nie sagen, aber so wie mein Leben im Moment aussieht, könnte ich mir veganes Essen, einen Freitag ohne Reitstunden, andere Länder ohne besondere Momente und Shopping auf Vintage-Flohmärkten, ohne besonders viel Geld auszugeben, einfach nicht vorstellen. So bin ich halt. Und es gibt Leute, die kommen prima damit zurecht, andere wiederum nicht. Das ist okay, ich zwinge niemanden, aber ich lasse mich auch nicht zwingen. Ich bin zwar auch kein Primark-Gänger und würde mir ein Tier eher aus dem Tierheim als aus einer Zoohandlung holen, aber als verantwortungslos lass ich mich nicht titulieren. Denn die Welt ist eben nicht nur schwarz und weiß.

20160908_123512

[/showhide]