Vier Monate Sightseeing in Barcelona würden nicht reichen, um alles Sehenswerte zu erfassen. Da ist die Stadt mit ihren vielen Ausflugszielen, da ist die nähere Umgebung mit Stränden fernab von der Touristentraube, das Gebirge mit dem heiligen Berg Montserrat, umliegende Städte. Ich bin mir sicher, das ist noch nicht alles. Nächstes Mal dann. Ich bin hier natürlich nicht zum Spaß, das wäre “ein kleines bisschen” teuer. Also – was mache ich hier eigentlich?
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Das Ganze nennt sich Praktikum. Deutschlehrerin an einer Sprachschule. Man nehme einen ziemlichen Glücksgriff, einen großen Zufall, 13 Schnapsideen und den Zugang auf genau die richtige Facebook-Gruppe, zusammen mischen – fertig. Irgendjemand hatte das Angebot bei Facebook geteilt und ich, unüberlegt, habe eine Mail geschrieben. Antwort, Mailverkehr, Skypegespräch, basta. Aus der Schnapsidee wurde ein Plan. Das Beste an dem Plan: Ich kann es mir für mein Studium anrechnen lassen. Das, sowie eine Auslandsreise-Krankenversicherung und ein ERASMUS-Stipendium, war aber auch das Einzige, worum ich mich im Vorfeld gekümmert hatte. Ist ja Spanien, wird schon schief gehen. Zur Not ist das ja alles immer noch die Europäische Union. Es ist leicht gruselig, dass man mit dieser Einstellung hier tatsächlich klarkommt.
Eigentlich wollte ich nach Valencia. Dort gibt es die gleiche Sprachschule auch (mehrere Standorte in Madrid, Barcelona, Bilbao und Valencia), aber dort war für die Zeit, in der es mir möglich gewesen ist, das Praktikum zu machen, schon alles belegt. Also Barcelona. Unterbewusst habe ich mich für irgendwas am Meer entschieden, Heimatgefühl eben. Vier Monate Barcelona, kann man ja mal machen. Das Praktikum macht Spaß. Gleichzeitg ist es mega anstrengend, ermüdend, auslaugend und manchmal einfach nur nervig, aber mir bringt es unglaublich viel, nicht nur Sprachkenntnis für Spanisch.
Die Sprachschule stellt den Lehrern die Wohnung, in wohne in einer WG mit der anderen Deutschlehrerin (zwei Schulen in Barcelona ergo auch zwei Deutschlehrerinnen) und einer der vielen Französischlehrerinnen. Die meisten Lehrer kommen aus Großbritannien oder unterrichten zumindest Englisch, es ist eben doch die Weltsprache, das haben auch die Spanier, Verzeihung, die Katalanen begriffen. Gleich danach Französisch und Italienisch. Deutsch ist der Exot. Ich kann es verstehen. Über meine Schüleranzahl pro Tag lachen die Engländer. Man erhält Deutsch, indem man englische Wörter mit einer germanischen Aussprache und der lateinischen Grammatik mischt. Hurra, gerade bei der Grammatik kommt Freude auf, nämlich überhaupt nicht. Ich lerne hier, wie unlogisch und kompliziert meine eigene Muttersprache doch eigentlich ist. Einige Tapfere gibt es aber, die es lernen wollen. Ein angehender Tierarzt zum Beispiel, der mit Latein ganz gut zurecht kommt. Leute, die einen deutschen Freund oder eine deutsche Freundin haben, die haben zumindest genug Motivation. Aber Momente zum Verzweifeln haben alle.
Da alle Sprachlehrer mehr oder weniger auf einem Haufen sind oder zumindest wohnen, macht man abends relativ viel miteinander. Ich habe schnell gemerkt, dass ich in einer großen Gruppe nur als Macher und nicht als Führer funktioniere. Grundsätzlich ist es aber eine geile Zeit und am Wochenende, wenn ich nicht arbeiten muss, wird die Stadt erkundet. Gaudí und Kunst, wohin man schaut. Ich liebe es hier. Allerdings freue ich mich auch wieder auf mein Zuhause, auf die deutsche Eigenheiten, meine Lieblingsmenschen natürlich und mein Leben. Aber dieses Praktikum in Barcelona hat definitiv viel zu meinem Leben beigetragen.
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