Wunderwundenheiler.

©Kerstin Fiedler, Neukloster. Neuklosteraner See / HOME
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Ich kenne mich nicht. Das habe ich nie getan. Ich gehe durch die Welt und bekomme nur ganz selten einen Spiegel vor die Nase gehalten.

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Schon wieder ist es eine Weile her, dass von mir nichts zu hören oder zu lesen war. Zeit verliert sich. Zeit verliert mich. Ich lasse mich manchmal auch verlieren und tue einfach das, was mir eben gefällt. Inzwischen ist Weihnachten vorüber und wir haben ein neues Jahr. Ich halte nichts von Vorsätzen, da sie spätestens im Februar sowieso verpufft sind, aber dieses Jahr habe ich mir doch tatsächlich selbst einen gemacht. Ich will mich verändern. Keine neue Frisur, keine neuen Klamotten. Ich will mein Innerstes verändern. Denn ich finde es nicht mehr schön.

In mir herrscht ein Sturmgewirr. Es legt sich nicht, da ich mich erst noch besser kennen lernen muss. Wenn man innerhalb von drei Jahren eine komplette 180-Grad-Wendung hinlegt, hinterlässt das Spuren. Und ich kann immer noch nicht sagen, ob mir die Spuren von damals oder die von heute besser gefallen. Oder ob es eine Mischung aus beidem werden soll.
Was mich freut, ist, dass es Leute gibt, die mich gut kennen. Andere wiederum behaupten das nur. Und wieder andere interessiert es nicht, was sie behaupten. Ich gehöre zu keiner der drei Kategorien. Ich weiß nicht, ob ich mich gut kenne. Ich sehe in die unterschiedlichsten Spiegel, in Autoscheiben, ins Wasser und in Selfies, aber ich erkenne mich meistens nicht. Man braucht auch keine spiegelnden Gegenstände, um das zu können. Ich zumindest nicht. Wenn ich wissen will, wie ich in einer bestimmten Situation reagieren würde, frage ich meinen Freund. Oder meine Mutter. Wenn ich frustriert bin, hat nur mein Bruder die besten Chancen, alles ein wenig besser zu machen. Wenn ich nachdenken muss, wissen alle, dass ich niemanden sehen will. Wenn mein Kopf zu voll ist, checkt meine beste Freundin sofort, dass sie mir Zeit zum Brainstormen geben muss. Aber wenn ich mich selbst erkennen will, dann muss ich nur eins tun: REITEN GEHEN.

Golden Bay, Malta - Der tunesische Araber Ram hat gut auf mich aufgepasst!
Golden Bay, Malta – Der tunesische Araber Ram hat gut auf mich aufgepasst!

Es ging vor allem im letzten Post um Tiere und ein sehr empfindliches Thema, das vermutlich einen ganz großen Krater hinterlassen hat. Es tut immer noch weh. Und wieder war es ein Pferd, das wenige Tage später alles besser gemacht hat. Ich kann leider nicht sehr oft reiten gehen, aber ich habe es wieder getan. Es ist ein langwieriger Prozess und ich habe es hier schon einmal versucht, in Worte zu fassen. Es bringt überhaupt nichts, es formulieren zu wollen, man muss es fühlen. Ein Pferd fühlen, so ein Blödsinn, hat die Gruppe der Desinteressierten gesagt. Wenn sie meint.
Schon wieder gibt es Leute, die meinen, dass ich mich selbst belüge und schon wieder geht es um dieses kritische Thema Tiere, das mir alle ankreiden. Man fährt in ein anderes Land, geht auf einen Reiterhof und bekommt ein Pferd zugeteilt, das jeden Tag einen anderen Idioten ertragen muss. Es gibt Menschen, die sind gut zu Pferden und es gibt leider auch Menschen, die gehören vom Pferd zertrampelt. Vielen dieser Menschen, die ich kennen lernen durfte oder vielmehr musste, hätte ich das Pferd am liebsten weggenommen. Und auch in meiner Heimatstadt Leipzig bin ich immer noch am Suchen, wo ich denn regelmäßig reiten gehen könnte, ohne dass es zu einer emotionalen Belastung wird. Ich ertrage es nicht, wenn ein Pferd in ein Hologramm gestopft wird.

Hologramme sind dreidimensionale Aufnahmen von Gegenständen. Ein Pferd ist weder ein Gegenstand noch nur dreidimensional. Dafür hat es zu viel Tiefe und Wärme. Diese Wärme, das pulsierende Herz unter dem Fell, das Schnauben, das mir sagt, dass ich etwas anders machen muss, die Körperspannung, die mir Bilder mitteilen will. Und dann sitze ich dort oben und lächele, weil es nichts anderes gibt, was mich so glücklich machen kann. Was ist das eigentlich, “Glück”? Oder “glücklich sein”? Wenn man das googelt, landet man über viele Umwege früher oder später beim Hinduismus, Buddhismus, bei Meditationsansätzen oder in Indien, wo all das seinen spirituellen Ursprung hat. Ich habe eine gewaltige Portion Skepsis gegenüber dem Thema Religion und werde in der nächsten Zeit vermutlich auch nicht nach Indien kommen, daher muss die Meditation fürs erste genügen. Da ich das aber erst noch üben muss und noch nicht einmal weiß, ob es mir persönlich hilft, sollte ich vielleicht erst einmal auf die Dinge zurückgreifen, bei denen ich schon weiß, dass sie funktionieren. Ich brauche ein Pferd.
Ein Pferd hilft mir, mich so zu sehen, wie ich bin. Pur und frei von giftigen Zusätzen, auf denen ich zu viel Druck ablade. Ein Pferd erzählt in Bildern. Diese Tiere können allein mit ihren Augen und ihrer Körperhaltung meist klüger sprechen als so mancher Mensch. Und immer, wenn ich reiten gewesen bin, tritt diese Erkenntnis aus ihrem Schatten. Dann habe ich kreative Ideen, Zukunftsträume oder weiß, wo ich hingehöre. Dann mag ich mich ein keines bisschen mehr. Und muss nicht mehr mit Erschrecken feststellen, dass ich zum Einzelgänger mutiert bin.

©Kerstin Fiedler, Neukloster. Neuklosteraner See / TRÄUMEREIEN
©Kerstin Fiedler, Neukloster. Neuklosteraner See / TRÄUMEREIEN

Leider dauert dieser Moment immer nur kurz an. Solange der Ausritt geht, um genau zu sein. Und ein paar Nachwehen gibt es noch. Zurzeit gefällt mir mein Sturmgewirr nicht, es hängt kraftlos in den Seilen. Ich müsste eigentlich zum Reiten gehen, aber ich habe keine Zeit und somit kommen alle Veränderungen, die ich an mir nicht mag, gerade verstärkt zum Vorschein. Da wird in der Uni nicht aufgepasst, Zeit verschwendet oder Termine hinausgezögert. Da bin ich nicht mehr in der Lage, meine Umwelt wahrzunehmen.
Viele Leute sagen deshalb, ich sei komisch. Vielleicht haben sie Recht. Ich bin auf jeden Fall anders als noch vor einem Jahr. Es wäre ja auch schlimm, wenn man sich nicht verändert. Manchmal denke ich mir nur, dass solche Veränderungen weniger krass auch ganz nett wären, damit sie mich nicht überfordern. Ich habe Fernweh. Ich will reiten. Ich will wieder Dinge ganz allein nur für mich tun können. Oder ein bisschen nichts tun. Alles auf einmal schafft man vermutlich nicht. Die Reihenfolge ist entscheidend, hat mein Opa immer gesagt. Neues Jahr, neues Glück. Aufgabe: Leben genießen. Und Pferde.

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Schwimm (nicht) mit Delfinen!

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“Es gibt immer mehrere Seiten. Die Kehrseite und auch die goldene Seite einer Medaille bringen gar nichts. Denn die Welt ist nicht nur schwarz und weiß.”

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Unsere vermutlich beste Erfahrung der Zeit in Malta war das hier. Ich hatte bei unseren Planungen vorher gefunden, dass man auf Malta mit Delfinen schwimmen kann. Weil wir etwas Unglaubliches machen wollten, haben wir uns dann einfach dafür angemeldet. Wahrscheinlich werden bei solchen Fotos die fanatischsten Tierschützer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Wie kann man nur? Solche Delfinarien gehören verboten! Man macht das nicht, die armen Tiere. Landet so ein Foto dann auf Facebook oder auf anderen sozialen Medien, ist man schnell die größte Tierquälerin, die es gibt, ich hatte diesen Shitstorm leider auch. Ich muss mich zwar für nichts und niemanden in meinem Leben rechtfertigen, jedoch ist trotzdem das Bedürfnis entstanden, meine Meinung loszuwerden.

Keine Tiere in Gefangenschaft?

Ich bin sicherlich kein Tierfeind, ich mag Tiere sehr gerne. Ich mag die Katze meines Vaters, ich mag die Pferde in meinem Reitstall. Ich liebe Pinguine wie verrückt und freue mich immer, wenn es Aquarien oder Tierparks gibt, wo man sie betrachten kann. Ich gehe auch gelegentlich in Zoos und als ich klein war, sind wir mit meinem Vater immer angeln gefahren, haben in seinem Garten Schlangen gesammelt, Igel durch den Winter gefüttert, alle Katzen des Dorfes versorgt und Erdkröten durch die Gegend getragen. Ich war ein Naturkind. Früher, als es noch keine Smartphones und Laptops gab. Mein Bruder und ich haben draußen gespielt. Mit allem, was wir finden konnten. Und auf dem Dorf lernt man, mit Tieren respektvoll umzugehen. Früher wurden sogar erst die Tiere gefüttert, dann die Menschen, hat mein Vater immer erzählt. Auf dem Dorf war es normal, dass Menschen und Tiere unter einem Dach lebten. Sie brauchten sich gegenseitig. Ich habe zwar (glücklicherweise) nie gelernt, wie man ein Schwein schlachtet oder den geangelten Fisch möglichst ohne viele Qualen umbringt, aber ich habe gelernt, dass Tiere besser sind als Menschen. Denn Tiere verurteilen nicht, weil man in Zoos geht, um ihre gelangweilten Artgenossen anzugucken.

Ich gehe nicht gerne in Zoos. Es gab bisher auch nicht viele Zoos, die ich mag. Meistens werden die Tiere in Käfige gesperrt, bekommen ihr Futter vor die Nase gestellt und langweilen sich zu Tode. Sicherlich haben die Tierschützer Recht, dass Tiere in die freie Wildbahn gehören, wo sie auch herkommen, aber manchmal finde ich den Grundgedanken nicht falsch, einer Person, die sich eine Reise in die normale evolutionsbedingte Umgebung der Tiere nicht leisten kann, genau diese Lebewesen näher zu bringen. Vor allem für Kinder ist das bestimmt eine gute Sache. Wenn nur nicht so viele Zoos ihre Macht missbrauchen würden… Ich finde es immer erschreckend, wenn der Souvenir-Shop im Verhältnis genauso groß ist wie der gesamte Zoo. Lieber Parks, die aussterbende Tierarten beschützen. Kommerziell, wie die Menschen sind, funktioniert das aber meistens nicht, da man bei einem artgerechten Gehege das Tier dann nicht unbedingt vors Gesicht bekommt und dann verkaufen sich die Karten schlecht.

Es gibt leider so viele Verbrecher und dunkle Maschinerien auf dieser Welt, Wilderer, die Elefanten für Elfenbein töten, Ungeheuer, die Haie im Beifangnetz verenden lassen, weil der Kilopreis für den Fischfang stimmen muss und keiner an Bord Zeit hat, einem armen Hai zu helfen, Idioten, die Tiger für ihr Fell ausrotten, Schwarzmarkthändler, die sich eine goldene Nase mit Pelzjacken verdienen, da es teilweise billiger ist, eine Jacke aus echtem Pelz in China herstellen zu lassen als eine Jacke aus Fake Fur in den USA. Mit den Delfinen ist das leider nicht anders. Ich will gar nicht wissen, wie viele Wale und Delfine jedes Jahr grausam abgeschlachtet werden, völlig unnötig, da das Fleisch in Asien nicht mehr viel wert ist und meistens vergammeln muss und weil man mittlerweile auch Alternativen zur Kosmetikherstellung gefunden hat. Das Töten geht trotzdem weiter. Wenn die Delfine nicht dadurch sterben, dann spätestens irgendwann wie der Hai in einem Beifangnetz, weil die Motorengeräusche der Schiffe ihre Echolotungssysteme durcheinander bringen. In der freien Wildbahn wird der Delfin dann vielleicht nur zehn Jahre alt, in Gefangenschaft schon zwanzig.

Malta und die Delfine

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Wir haben uns vorher natürlich Gedanken gemacht, bevor wir uns dort angemeldet haben, auch wenn viele meiner Kritiker mir das nicht glauben. Wo kommen die Tiere her und wie werden sie behandelt? Der Park ist recht klein, er besitzt 6 Delfine, ein paar Seelöwen, Papageien, Schildkröten und Reptilien. Wir haben eine Sicherheitseinweisung und Rettungswesten bekommen, Schmuck musste gänzlich abgelegt werden. Die beiden Delfintrainer waren immer dabei und haben uns zu zwei Delfinen ins Becken gelassen. Wir durften mit ihnen schwimmen, sie streicheln, haben viele interessante Dinge über sie erfahren und durften mit ihnen Fotos machen. Ich muss sagen, ich fand es toll. Ich war vorher unglaublich aufgeregt und danach unglaublich froh, das Geld dafür investiert zu haben. Delfine sind sehr intelligente, verspielte und neugierige Tiere, die Trainer haben viel mit Zeichen gearbeitet und ich war jedes Mal erstaunt, wie schnell die Tiere das begreifen. Ihre Haut ist unglaublich weich und ein bisschen vernarbt, was daran liegt, dass Delfine sich zur Kommunikation gegenseitig beißen. Ein Delfin ohne Narben ist recht einsam. Das Schwimmen mit den Tieren ging ungefähr eine halbe Stunde lang, danach durften wir uns noch die Delfinshow ansehen und auch den restlichen Tag im Park verbringen und alle anderen Shows angucken. Es war auf jeden Fall eine unglaublich schöne Erfahrung und ich wurde wieder an mein Leben als Kind auf dem Dorf erinnert, wo Tiere besser sind als Menschen. Sie sind pur, selbstlos und heilen Wunden.

Wir waren danach so glücklich und begeistert, dass wir das Bild auf Facebook gepostet haben. Es hätte mir eigentlich klar sein müssen, dass ich damit nicht bei jedem Freudentränen hervorrufe. Dass es aber so ein verbales Blutbad geben wird, an dem ich selbst nicht ganz unbeteiligt gewesen bin, damit habe ich nie gerechnet.

TIERQUÄLEREI.

Ein furchtbares Wort. Meine Mutter ist Bibliothekarin. Bücher quält man nicht. Mein Vater kommt vom Dorf. Tiere quält man nicht. Mit diesen zwei Grundgedanken bin ich aufgewachsen. Natürlich habe ich schon weiß Gott wie viele Mücken erschlagen, Spinnen getötet und Wespen ertränkt. Ich bin auch keine Vegetarierin, zumindest keine richtige. Ich gehe in den Supermarkt und kaufe als Studentin die billigste Milch und irgendeine Wurst aus dem Regal, die gut schmeckt. Manchmal auch ohne viele Hintergrundgedanken, weil es schnell gehen muss. Ich lande gelegentlich auch beim McDonald’s, weil ich die Finger nicht von diesen Erdbeer-Milchshakes lassen kann. Bio-Läden sehe ich nicht häufig von innen. Ich habe nichts gegen Leute, die das tun. Veganes Essen schmeckt nicht schlecht und natürlich bekommt man das große Gruseln, wenn man Bilder oder Videos davon sieht, wie Großrinderbetriebe funktionieren, wie klein die Käfige für Hühner sind, wie viele Mäuse in Versuchslaboren einfach gefoltert werden, bis sie krepieren oder wie Torreros die armen Stiere zu Tode quälen. Egal wo, Tiere werden auf dieser Welt überall gequält, bis sie tot sind. Und selbst dann kann man mit ihnen noch Geld machen. Dann wird das Fleisch in Plaste verpackt, landet bei Penny oder Lidl und ob auch das drin ist, was drauf steht, ist seit der Pferdefleisch-in-der-Lasagne-Aktion auch fraglich. Trotzdem tun wir das alles. Es ist egal, ob wir billiges Fleisch im Supermarkt kaufen, Taschen aus Krokodilsleder erwerben oder eben mit Delfinen schwimmen gehen. Ich wurde indirekt beschuldigt, dass ich über mein Handeln nicht nachdenke. Dass ich niemals die Konsequenzen im Blick habe. Man ist eine Tierquälerin, wenn man mit Delfinen schwimmt? Laut PETA unterstützt man dadurch die Abschlachterei der Tiere, irgendwo vor der japanischen Küste. Alle Meeresparks sollen sich angeblich daran beteiligen und somit finanzieren ein paar lebende Delfine den Untergang ihrer Artgenossen.

Eigentlich müsste ich das Wort TIERQUÄLEREI oben durchstreichen und durch BLOßSTELLUNG ersetzen. Und in Farbe schreiben. Denn die Welt ist nicht nur schwarz und weiß. Sicherlich werden Delfine von Verbrechern getötet, aber es gibt auch kleine japanische Fischer, irgendwo auf einer Insel mit 100 Bewohnern, die davon leben, Delfine zu töten und zu essen, wenn nichts anderes ins Netz geht. Und das wurde seit 2000 Jahren so weiter gegeben. Wir in Europa ernähren uns schließlich auch von Rind- oder Schweinefleisch. Und das ist der normale Lauf der Dinge, Menschen sind Teil des Ökosystems und jeder will letztendlich nur überleben. Ich würde nur die Mentalität und das Gefühl für Sitte, Moral und Anstand als verfallen bezeichnen, vor 20 000 Jahren wurden Mammuts gejagt und gegessen, heute werden Schweine zugrunde gerichtet und minderwertiges Fleisch in Plaste verpackt. Solange die Welt nicht begreift, dass man Geld nicht essen kann, wird man die Mentalität wahrscheinlich auch nicht ändern können. Es geht um Geld. Es geht um viel Geld. Wer es hat, kann es sich vielleicht leisten, Fleisch, Milch oder Eier tierfreundlich zu produzieren oder zu kaufen, wer es nicht hat, muss zusehen, wie er über die Runden kommt. Und dann muss Milch aus dem Lidl eben reichen. Mein Bruder arbeitet in der Landwirtschaft. Ich habe riesigen Respekt vor diesem Beruf, obwohl er immer so geringschätzig betrachtet wird. Und es ist eine Schande, dass all die Landwirte für ihre körperliche und geistige Arbeit nicht mehr als Mindestlohn bekommen. Ohne Landwirtschaft hätten wir alle nichts zu essen, aber die Versicherungsgesellschaften verdienen sich dumm und dämlich. Irgendwas kann da nicht stimmen. Da man das als 0-8-15-Mensch aber wahrscheinlich nicht ändern kann und die Grundsätze aus der Kindheit in dieser Gesellschaft leider nicht mehr funktionieren, baut sich jeder eben sein eigenes kleines Paris, um nicht wahnsinnig zu werden. Zumindest bezeichnet das meine Mutter immer so. Und mein kleines Paris bestand eben daraus, dass ich Delfine kennen lernen wollte, wohl wissend, dass genug dunkle Machenschaften am Werk sind, über die man nur den Kopf schütteln kann. Aber selbst wenn man alle Delfinarien dieser Welt verbietet, würde das grausame Schlachten der Tiere vermutlich nicht aufhören.

Die Tierschutz-Aktivisten in allen Ehren, aber ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe einen Park besucht, in dem Delfine gehalten werden. Ich habe die Tiere angefasst und bin mit ihnen geschwommen. Na und? Den Tieren ist dabei kein Schaden entstanden und ich habe auch nie persönlich einen Delfin getötet oder gequält. Wenn man Delfine in Gefangenschaft hält, muss man die beschäftigen, sonst werden die Tiere aggressiv. Und ich denke, ein Delfin ist klug genug, um zu wissen, was ein Mensch ist, wenn er eines der wenigen Tiere sein soll, die sich selbst wahrnehmen können. Das Ganze zu verurteilen ist Ideologie, hat ein kluger Mensch gesagt. Dieser kluge Mensch ist mein Vater, der die Fähigkeit hat, eine Situation in Sekunden zu erfassen und in richtige Worte zu fassen. Missionieren hat noch nie geklappt. Wenn die Menschheit nicht mehr mit Delfinen schwimmen darf, dann darf sie auch nicht mehr mit dem Flugzeug fliegen, Auto fahren, Schiff fahren, Häuser bauen, Klamotten vom Primark kaufen, Plastetüten im Supermarkt mitnehmen und normale Glühbirnen im Badezimmer haben. Aber die Menschen tun das und spätestens hier wird auch der Vorsitzende von Greenpeace keine Abstriche machen wollen, der möglicherweise im Bio-Markt seine Karotten holt und entschiedener Gegner von Pelzmänteln und Ledertaschen ist, aber zulässt, dass die Regenwälder für nichts anderes als Sojaplantagen für unsere lieben Veganer abgeholzt werden. Ich halte übrigens nicht viel von Greenpeace und PETA, durch das viele Geld, das solche Organisationen scheffeln, geht es um nichts anderes als um Macht. Wer hat mehr davon und wem kann man sie wegnehmen? Und da kann ich die Argumente, dass das nur Rufmordkampagnen sein sollen, nicht glauben.

Jedem das Seine…

Ich habe nichts dagegen, wenn jemand vegan lebt, nicht zu Primark geht, keine Créme fraîche aus dem Penny holt und niemals einen Zoo besucht. Jeder so, wie er will. Aber ich will mir nicht anhören müssen, dass ich Tiere quäle, nur weil ich so lebe, wie es nicht den Vorstellungen von anderen entspricht. Ich baue mir halt mein kleines Paris, so gut es geht und da kommen Pinguine, Pferde und auch Delfine drin vor. Ich würde mich nicht als sonderlich fundamentalistisch bezeichnen, man kann mit mir über alles reden. Außerdem denke ich, dass man mit zu vorgefertigten Meinungen, die sich nicht ändern oder diskutieren lassen, auf Dauer unglücklich wird. Die Menschen werden sich vermutlich immer die Köpfe einschlagen, weil ihnen der Lebensstil, der Glaube, die Ansichten oder die Wahl des Make-Ups nicht passen, man darf das vermutlich nur nicht zu persönlich nehmen. Der Vorwurf, eine Tierquälerin zu sein, ist aber etwas Persönliches und schadet am Ende nur allen Beteiligten, wenn man nicht zwischen konstruktiver Kritik an der Sache, was ich ja noch ansatzweise verstanden hätte, und plakativen Anschuldigungen unterscheiden kann.

Ich werde andere Länder besuchen und wieder Dinge tun, die einigen nicht passen, dafür tun diese Personen dann Dinge, die ich nicht gut finde. Es ist völlig absurd, darüber diskutieren zu wollen, alle Menschen sind verschieden und niemand hat die gleichen Interessen. Aber es ist die Mühe nicht wert, wenn man sich nicht einmal in der Mitte treffen kann. Man sollte niemals nie sagen, aber so wie mein Leben im Moment aussieht, könnte ich mir veganes Essen, einen Freitag ohne Reitstunden, andere Länder ohne besondere Momente und Shopping auf Vintage-Flohmärkten, ohne besonders viel Geld auszugeben, einfach nicht vorstellen. So bin ich halt. Und es gibt Leute, die kommen prima damit zurecht, andere wiederum nicht. Das ist okay, ich zwinge niemanden, aber ich lasse mich auch nicht zwingen. Ich bin zwar auch kein Primark-Gänger und würde mir ein Tier eher aus dem Tierheim als aus einer Zoohandlung holen, aber als verantwortungslos lass ich mich nicht titulieren. Denn die Welt ist eben nicht nur schwarz und weiß.

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Und dann ist mir aufgefallen, dass es eine Insel ist. Eine unglaublich interessante übrigens.

Comino - Blue Lagoon
Comino – Blaue Lagune

“Du wolltest unbedingt nach Malta, Madame.” – Ja, und dann ist mir aufgefallen, dass es eine Insel ist.” (das Katastrophenteam bei der Planung des Urlaubs, sehr vielversprechend)

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Nach einer sehr langen Pause melde ich mich nun zurück. Man könnte sagen, dass die letzten Wochen und Monate einfach so viel passiert ist, man könnte aber auch sagen, dass ich schlichtweg das falsche Zeitmanagement habe. Ich habe meine Prüfungen geschrieben, war einmal in Barcelona, worüber ich auch noch schreiben werde, habe meinem Freund bei seiner Bachelorthesis geholfen und war dann froh, endlich selbst Urlaub in Malta zu haben, der nun leider schon wieder fast vorbei ist.

©Lydia Gerber, Hamburg. Malta - Golden Bay
©Lydia Gerber, Hamburg. Malta – Golden Bay / Goldene Bucht

Für meine beste Freundin Lydie und mich ging es diesmal nach Malta. Da ich vorher recht zweigeteilter Meinung war und einerseits mega aufgeregt ein neues Land aufsaugen wollte, andererseits aber höllisch seekrank werde und sich bei drei Inseln mindestens einmal Schiff fahren wohl nicht vermeiden ließe, kann ich gar nicht so genau sagen, wann es endgültig angekommen ist, dass ich wieder unterwegs sein kann. Die einzige Vorkehrung, die getroffen wurde, war das Aufsuchen einer Apotheke, um mich mit Reisetabletten auszurüsten, damit nicht jedes Schiff nach meiner Anwesenheit einmal von Grund auf gereinigt werden muss. Ähm, lassen wir das…

...und das Meiste gab es nun mal auch eindeutig vom Wasser aus zu sehen...
…und das Meiste gab es nun mal auch eindeutig vom Wasser aus zu sehen…

Klein, aber oho!

Malta gefiel uns sehr. Ich habe irgendwie ein Faible für kleine Inseln entwickelt. Und wenn es dort auch noch warm ist, noch besser. Ich liebe es, ein neues Land zu entdecken, in die Kultur und Geschichte einzutauchen und von allen Gegebenheiten etwas zu probieren. Hier macht sich das gut, Muscheln in den Händen, Sand auf der Haut und Salz in den Haaren. Und ich brauche keinen Luxus. Ich brauche kein riesiges Hotel. Ich brauche einfach nur eine gute Zeit und friedliche Gedanken, weit weg vom stressigen Deutschland.

Valletta Bay
Valletta Bucht
Gozo - Azur Window
Gozo – Azur Window
Mellieha
Mellieha

Wir haben unglaublich viel zur maltesischen Geschichte gelernt, ich bewundere die Willenskraft der Bewohner. Eine Mischung aus tough und herzlich, selten gesehen. Wir haben hier schon viele Leute kennen gelernt, viele Geschichten gehört und alles aufgeschrieben, damit wir es nicht vergessen. Ich könnte ganze Tagebücher füllen mit Worten, die mir sonst verloren gehen. Malta hat ungefähr 450 000 Einwohner, die Hauptstadt Valletta gerade mal 5700. Nein, ich habe keine Null vergessen! Sie ist die kleinste Hauptstadt der Europäischen Union, wenn man den Vatikan außen vor lässt. Valletta hat schon vielen Filmsets als Kulisse gedient, unter anderem “Troja” oder “Gladiator”. Europas größte Festung ist auch Weltkulturerbe der UNESCO. Die Gründe dafür sind eine unglaublich tolle Geschichte über ein winziges Land, das niemals aufgibt und dem kein Hindernis zu groß ist.

Wild water at Blue Grotto
Wilder Ozean an der Blauen Grotte

Weil kleine Länder immer faszinierende Geschichten haben…

Die ersten Siedler auf der Insel waren die Punier und Karthager, die natürlich sehr bald von den Römern vertrieben wurden. Wir haben uns in der kleinen Stadt Il-Rabat das letzte römische Überbleibsel angeschaut, ein altes Haus (Domus Romanus). Die typisch römischen Mosaikböden und Säulen sind sehr gut erhalten. Andere römische Spuren entdeckt man nicht mehr sehr häufig, lediglich die lateinischen Buchstaben wurden beibehalten. Die Römer haben der Insel den Namen Melita gegeben, das lateinische Wort für Honig. Die Insel ist recht karg, hier wächst nicht viel, lediglich Oliven, Kakteen, Feigen und ein paar Trauben. Und eben Honig, es gibt recht viele Bienen hier und Honig ist bis heute das größte Exportgut.
Zu Zeiten der Völkerwanderungen fiel das Römische Reich auseinander und Malta geriet unter byzantinische und germanische Herrschaft. Strategisch liegt es auf dem Mittelmeer recht günstig, als Mittelpunkt und Kreuzung der Route Europa-Afrika und auch vom Osmanischen Reich bis nach Gibraltar. Daraufhin nahmen die Araber das Land ein, verließen es jedoch bald wieder aus Desinteresse. Aber vor allem die arabische Herrschaft hat Spuren hinterlassen, Maltesisch ist die einzige semitische Sprache mit lateinischen Buchstaben weltweit. Solches Sprachen-Zeugs interessiert mich studienbedingt ja immer sehr, genauso wie die Geschichte und Kultur eines Landes.

Stachelige Landschaft
Stachelige Landschaft
Mdina, Main Gate
Mdina, Main Gate
Mdina, the old Arabian capital. As you can see, it looks really oriental. I loved these small streets.
Mdina, die alte arabische Hauptstadt. Wie ihr sehen könnt, sieht das ziemlich orientalisch aus. Ich mochte diese engen Straßen sehr gerne.
Mdina
Mdina
Sand sucht man meistens vergebens...
Sand sucht man meistens vergebens…

Fern im Heiligen Land Rhodos hatte sich der Johanniterorden gegründet, eine christliche Gemeinschaft unter Jean de Vallette. Sie hatten unerbittliche Kriege gegen das Osmanische Reich geführt und wurden letztendlich von Rhodos vertrieben. Widerwillig mit dem Gedanken, dass so eine karge Landschaft wohl kaum genug für eine ganze Bevölkerung hergebe, ließen sie sich schließlich auf Malta nieder. Die Siedler der Insel arrangierten sich mit den Rittern des Ordens und Jean de Vallette übernahm mehr oder weniger die Herrschaft über die Insel. Er ließ eine Festung erbauen, denn sein größter Wunsch war es, es dem Osmanischen Reich heimzahlen zu können und den Sultan zu besiegen. Die Festung wurde später nach ihm benannt – Valletta. Die Ritter des Ordens verfielen der Prunksucht und es kam zu Aufständen zwischen ihnen und den maltesischen Siedlern. Als dann die Osmanen angriffen und mit 8000 Mann gegen 1500 geschwächte Ritter und Malteser zahlenmäßig weit überlegen waren, wurde Valletta lediglich monatelang belagert (The Great Siege), so standhaft war die Festung. Die Osmanen hatten über 6000 Mann verloren und auch der ranghöchste General war gefallen, die Malteser hingegen hatten nicht ganz so viele Opfer zu beklagen. Es rückte Hilfe aus Sizilien an und das kleine Land Malta hatte das riesige Osmanische Reich geschlagen. Jean de Vallette vereinte das Land, konnte seinen Triumph aber nicht sehr lange feiern, denn jahrelange Unruhen führten dazu, dass Napoleon die Insel beinahe ohne Widerstand von den Maltesern übernehmen konnte. Dies endete jedoch sehr bald in einer Diktatur und die Franzosen plünderten gierig die wertvollen arabischen, byzantinischen und punischen Schätze aus den Katakomben leer, um Napoleons Raubzüge zu finanzieren. Es gab eine Revolution und die letzten verbliebenen Franzosen mussten in der alten Festung Schutz suchen, was ungefähr nach ein paar Monaten ein Ende fand, als die Briten Malta erreichten und die Insel britische Kolonie wurde.

Sunset at Valletta Bay
Sonnenuntergang in der Valletta Bucht
Valletta's Türen
Valletta’s Türen

Die Briten hatten ein sanfteres Regime, Malta durfte sich als erste Kolonie selbst verwalten. Die Insel spielte im Zweiten Weltkrieg für Großbritannien eine große Rolle als Marinestützpunkt und wurde teilweise vollständig ausgebombt. Die Festungen stehen allerdings bis heute. Unkaputtbar, könnte man sagen. 1964 wurde Malta unabhängig und ist seit 2004 in der EU und hat seit 2008 den Euro als Währung.
Die Briten haben die meisten Spuren hinterlassen, es herrscht Linksverkehr und Englisch ist neben dem semitischen Maltesisch offizielle Amtssprache, die jeder Malteser können muss. Alle Schilder sind zweisprachig.

Sliema Bay
Sliema Hafen. Hier in der Nähe hatten wir unser Hostel.

So ein kleines und unscheinbar wirkendes Lind, aber so viel Stärke und Willenskraft. Ich hatte an jeder Ecke das Gefühl, dort müsste jemand mit einem Märchenbuch in der Hand sitzen und lesen, dann wäre das Straßenbild perfekt. Wie in 1001 Nacht, nur halt ziemlich europäisch. Die Malteser mischen das ziemlich gut durch. Sie sind sehr nett, aufgeschlossen, Frühaufsteher und sehr redselig. Aber vorrangig WILLENSSTARK. Ich war die ganze Zeit nur begeistert. Unser einer Tourguide hat gesagt: “Never let you fool of the size of a country.” Jo, Lektion gelernt, das stimmt. Klein, aber oho!

Comino, Blue Lagoon
Comino, Blaue Lagune
Comino, Blaue Lagune
Comino, Blaue Lagune
Sliema Bucht
Sliema Bucht

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